We Will Remember Them
100 Jahre nach der Selbstversenkung der Kaiserlichen Hochseeflotte im schottischen Scapa Flow gedachten Deutsche und Briten am 21. Juni 2019 der letzten Toten des Ersten Weltkrieges, die auf dem Soldatenfriedhof von Lyness beigesetzt sind.
23. Juni 2019
Die gemeinsam gesprochenen Worte „We will remember them“ und das anschließende Hornsignal „The last post“ sind fester Bestandteil des Gefallenengedenkens in Großbritannien.
Am 21. Juni 2019 waren sie während eines gemeinsamen deutsch-britischen Gottesdienstes auf dem Soldatenfriedhof von Lyness zu hören, auf dem jene deutschen Soldaten ihre letzte Ruhe gefunden haben, die während der Selbstversenkung der Kaiserlichen Hochseeflotte ums Leben gekommen sind. Es ist derselbe Soldatenfriedhof, auf dem auch die britischen Gefallenen der Skagerrakschlacht ruhen, die an Bord der Schiffe der Grand Fleet im Juni 1916 aus der Schlacht zurückkehrten.
Die Deutsche Marine hatte zur Gedenkveranstaltung auf Einladung des Orkney Council eine Delegation unter der Führung von Flottillenadmiral Stephan Haisch entsandt, der neben dem Marineattaché Kapitän zur See Matthias Schmidt auch der evangelische Marinedekan Christoph Sommer, ein Bläserquintett und eine Tauchergruppe sowie Offiziersanwärter der Marineschule angehörten. Auch der Präsident des Kuratoriums der Stiftung Deutsches Marinemuseum und Leitende Wissenschaftler des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, Professor Dr. Michael Epkenhans und Museumsleiter Dr. Stephan Huck und begleiteten die Gruppe.
Die Selbstversenkung der Hochseeflotte, mit der der Befehlshaber des deutschen Internierungsverbandes Admiral Ludwig von Reuter hatte verhindern wollen, dass die Flotte im Falle der Nichtunterzeichnung des Versailler Vertrages in britische Hände fiele, und zugleich ihre durch die Revolution in seinen Augen befleckte Ehre hatte retten wollen, wurde seinerzeit von einer Schülergruppe an Bord des Ausflugdampfers „Flying Kestrel“ beobachtet, während sich der britische Bewachungsverband unter dem Kommando von Admiral Sir Sydney Fremantle just an diesem Tag in See befand.
Der Veranstaltung wohnten daher neben Nachfahren von Reuters sowie Fremantles und Jellicoes auch Nachfahren eben jener Schülerinnen und Schüler bei. Insbesondere Nicholas Jellicoe, der zeitgerecht zur Gedenkveranstaltung zwei Bücher über die Selbstversenkung verfasst hat, hatte sich wie schon 2016 zum Gedenken an den 100. Jahrestag der Skagerrak maßgeblich in die Organisation der Veranstaltung eingebracht und unter anderem veranlasst, dass die Glocke des Großen Kreuzers „Von der Tann“ zu dieser Veranstaltung noch einmal von ihrer heutigen Heimat Laboe zurück nach Scapa gereist war. Pünktlich um 11.00 Uhr, auf die Minute 100 Jahre nach dem Beginn der Selbstversenkung, wurde sie über dem Wrack der „Dresden“ zum Gedenken geschlagen. Anschließend tauchten deutsche und britische Taucher zum Wrack hinab und brachten dort Gedenkkränze an, während an Deck die Namen der Toten verlesen und eine Schweigeminute abgehalten wurde.
Fünf Jahre hat sich das Deutsche Marinemuseum im Rahmen der Erinnerung an die 100. Jahrestage des Ersten Weltkrieges der Auseinandersetzung mit dieser für die deutsche Marinegeschichte so wichtigen Epoche gewidmet. Zuletzt mit der Sonderausstellung „Scapa Flow“ des Hallenser Künstlers Moritz Götze, der ebenfalls mit auf die Orkneys gereist war. Für Museumsleiter Dr. Stephan Huck, der in diesen Jahren zahlreiche Kontakte nach Großbritannien geknüpft hat, war es daher ein in mehrfacher Hinsicht emotionales Erlebnis, dieser würdigen Gedenkveranstaltung an die letzten deutschen Gefallenen des Ersten Weltkrieges bewohnen zu dürfen.
Der Tenor des Totengedenkens und der zahlreichen weiteren Gedenkveranstaltungen auf den Orkneys – wo das Ereignis anders als in Deutschland tief im Kollektiven Gedächtnis verankert ist – war auf deutscher und britischer Seite einhellig: Es ist ein großes Privileg der heutigen Zeit, dass aus der Feindschaft, die beide Nationen in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts trennte, eine feste und stabile Freundschaft geworden ist. Sie gilt es zu bewahren. Die letzten Toten des Ersten Weltkriegs erinnern uns noch einmal daran, dass dies nicht selbstverständlich ist.