Der Fokus des Ausstellungs- und Buchprojekts »Operation Heimkehr« liegt auf den Soldaten, die aus den Auslandseinsätzen nach Deutschland zurückkehren. Sie haben in den Einsätzen zum Teil Erfahrungen gemacht, die auf extreme Weise anders sind als die ihrer Mitbürger, die in der Heimat verbliebenen sind. Manche kommen sogar verwundet oder traumatisiert zurück.
Viele Soldaten gewinnen durch die Einsätze in Krisenländern, in denen sie oft bitterste Armut erleben, eine neue Sicht auf das Leben in Deutschland. Sie halten unseren Wohlstand und die Sicherheit in Europa nicht mehr für selbstverständlich, sondern schätzen diese mehr als früher. Man kann daher von einem Wertewandel sprechen, der durchaus positiv in die Gesellschaft hineinwirken könnte.
Die Ausstellungsmacherinnen möchten wissen, wie die Öffentlichkeit mit den Heimkehrern umgeht und suchen Antworten auf Fragen wie diese: Machen sich die Deutschen bewußt, dass die Bundeswehr-Soldaten in ihrem Namen große Gefahren und auch eine große Verantwortung auf sich nehmen?
Oder wird die Realität der Einsätze verdrängt?
Wie begegnet die Bevölkerung Soldaten, die aus dem Einsatz zurückkehren? Vielleicht sogar körperlich oder seelisch verletzt? Können die Soldaten mit Verständnis und Unterstützung rechnen? Beurteilen können das aus Sicht der Ausstellungsmacherinnen vor allem die Soldaten selbst. Daher haben sie 74 Soldatinnen und Soldaten portraitiert und befragt.
Das Ziel der Ausstellungsmacherinnen war es, ein möglichst breites Spektrum an Teilnehmern zu gewinnen. So suchten sie Solaten nicht nur aus dem Afghanistan-Einsatz, sondern aus weiteren noch laufenden (wie z.B. Atalanta, EUTM Somalia oder EUTM Mali) wie auch aus bereits abgeschlossenen Einsätzen (z.B. Unosom II). So kommen Soldaten aus insgesamt 17 Einsätzen zu Wort.
Die Ausstellungsmacherinnen fragten aktive Soldaten aus allen Teilstreitkräften wie auch ehemalige Soldaten an. Es beteiligten sich auch hohe und niedrige Dienstgrade, sowohl Körperversehrte als auch seelisch Verletzte, Soldaten mit Migrationshintergrund, Militärpfarrer und Reservisten, Frauen und Männer.
Die meisten Soldaten in den rückwärtigen Diensten standen nicht im Kampf. Dieses Verhältnis findet sich ebenfalls in der Wahl der Protagonisten wieder.
Außerdem war den Ausstellungsmacherinnen daran gelegen, einige Persönlichkeiten für das Projekt zu gewinnen, die durch ihren Lebensweg oder ihre Tätigkeit eine besondere Sicht auf das Thema haben. Es wurden Personen wie Ludwig Baumann als Wehrmachtsdeserteur oder Alfred Grosser als französischer Intellektueller mit jüdisch-deutschen Wurzeln um Teilnahme gebeten, um die Bandbreite unterschiedlicher Meinungen zum Thema so breit wie möglich zu halten.
Die Heimkehr der Einsatzsoldaten wurde in Publikation noch nicht ausdrücklich thematisiert. Und sie ist schon gar nicht in Form authentischer Erfahrungsberichte dokumentiert worden. In der öffentlichen Diskussion taucht zwar immer wieder der viel zitierte Begriff des „freundlichen Desinteresses“ der Gesellschaf an ihren Soldaten auf, den der frühere Bundespräsident Horst Köhler geprägt hat, und auch über das Thema PTBS wird gesprochen, also über psychische Erkrankungen von Einsatzsoldaten. Vor allem aber standen bisher militärische und politische Aspekte der Einsätze im Fokus. Meist geht es darum, was im Einsatz erreicht wurde und wie sich die Bundeswehr verändern muss, um den Anforderungen einer modernen Einsatzarmee gerecht zu werden.
Eine Reflexion, wie die Auslandseinsätze in die Gesellschaft heinwirken, steht nach Meinung der Ausstellungsmacherinnen dagegen noch aus. Die Risikogemeinschaft, die Bürger und Soldat zu Zeiten des Kalten Krieges verband, ist zerfallen. Heute driften die Erfahrungsräume der „Friedensgesellschaft“ und der Einsatzrückkehrer zunehmend auseinander. Das wirft Probleme auf, die dieses Projekt aufzeigen möchte. Es will das Interesse am Thema wecken und die Öffentlichkeit dazu anregen, einen Dialog mit denjenigen zu beginnen, die für die Erfüllung eines Mandats des Deutschen Bundestages ihr Leben riskiert haben.
geboren 1962, fotokünstlerin, entwickelt Kunstprojekte zu gesellschaftspolitischen und zeitgeschichtlich relevanten Themen, die in Publikationen und Ausstellungen veröffentlicht werden. So beschäftigte sie sich mit dem Schicksal Gesichtsversehrter des Zweiten Weltkriegs (2009-2012) und erinnerte an das Los der in den Kölner Raum verschleppten Zwangsarbeiter (2005-2009). Sie untersuchte die bauliche Umgestaltung Ostdeutschlands als Abbild gesellschaftlicher Prozesse in einem über zwanzig Jahre währenden Projekts (1989-2009) und ging in einer weiteren Arbeit dem heutigen Umgang mit Tatorten nationalsozialistischer Verbrechen nach (2001-2004).
2012 initiierte sie das Projekt „Operation Heimkehr“ und fand kurz darauf professionelle Verstärkung für das Arbeitsvorhaben in der Journalistin Ulrike Scheffer.
geboren 1966, Journalistin und Historikerin, seit 2001 politische Redakteurin beim Tagesspiegel in Berlin, berichtet unter anderem über internationale Militäreinsätze und zivile Wiederaufbauprojekte in Krisen- und Konfliktstaaten in Afrika, Asien, Nahost und auf dem Balkan. Sie begleitete die Bundeswehr in Afghanistan und im Kosovo und besuchte verschiedene Nato-Einrichtungen in den USA und in Europa. Frühere journalistische Stationen: Volontariat bei der Frankfurter Allgemeine Zeitung, Redakteurstätigkeit beim Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt in Hamburg. Studium in Münster, Yaoundé (Kamerun) und Hamburg.